Am 3. Spieltag der Landesliga ging es zum Auswärtsspiel bei der 2. Mannschaft des SC Noris-Tarrasch Nürnberg. Der Gastgeber hatte in den ersten beiden Runden jeweils den Kürzeren gezogen und lag auf einem wahrscheinlichen Abstiegsplatz, was für einigen Druck und Brisanz der Begegnung sorgte. In einem spannenden Kampf mit vielen vertanen Chancen auf beiden Seiten trennte man sich letztlich schiedlich friedlich mit 4-4.
An Brett 3 (W) duellierte sich Christian Müller mit seinem jungen Gegner in der Caro-Kann Vorstoß-Variante. Verunsichert durch die aggressive Spielweise von Christian verlor der Nürnberger schon früh die Übersicht und geriet in Nachteil:
Prompt griff sein Gegner bereits im nächsten Zug schwer daneben, verlor eine Qualität und stand klar auf Verlust. Seine verzweifelten Versuche, die Stellung zu verkomplizieren, scheiterten an der Realität seiner unterentwickelten Figuren:
Christian ließ nichts mehr anbrennen und zwang seinen Gegner im 29. Zug zur Aufgabe. (1-0)
An Brett 6 (S) wählte Milo Müller die Sizilianische Verteidigung und beantwortete die populäre Alapin-Variante mit dem Fianchetto seines Königsläufers. Als Weiß auf c5 nahm, entstand die erste kritische Stellung:
Je länger der Bauer auf dem Brett blieb, desto schwerer wurde der Kampf um Ausgleich. Doch gerade als der Nürnberger die Möglichkeit hatte, seinen Vorteil zu stabilisieren, griff er fehl und gab Milo die Chance zurück in die Partie zu kommen:
Der Nürnberger übernahm nun zusätzlich zu seinem Mehrbauern auch noch die Initiative, was den Windischeschenbacher dazu veranlasste, die Brechstange auszupacken und sein Heil in Verwicklungen zu suchen. Doch leider waren seine Figuren nicht gut genug aufgestellt, um tatsächlich ernsthaftes Gegenspiel zu erlangen. Das angebotene Scheinopfer wurde vom Heimspieler schlicht ignoriert, wonach die schwarzen Probleme weiterhin Bestand hatten. Ein anschließender Fehler kostete Milo schließlich weiteres Material und damit die Partie. (1-1)
An Brett 8 (S) landete Jindrich Novak nach verhaltener Eröffnung seines Gegners in der Altindischen Verteidigung, die ihm nach seinem Zentrumsvorstoß e4 gute Aussichten versprach. Die Position erinnerte an die Vorstoß-Variante der Französischen Verteidigung mit vertauschten Farben:
Da auch sein Gegner nicht konsequent spielte, behielt der Windischeschenbacher einen kleinen Vorteil, den er jedoch nicht festzuhalten vermochte. Ungenauigkeiten auf beiden Seiten liessen die Partie hin und her wogen bis Jindrich schließlich völlig den Faden verlor:
Der Nürnberger ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und wickelte mit 26.Txe6! Lxd2 27.Txf6! Lxc3 28.Txf7 in eine klare Gewinnstellung ab, wonach Jindrich drei Züge später das Handtuch werfen musste. (1-2)
An Brett 4 (S) hatte Philipp Mark in der Russischen Verteidigung von Anfang an keine Probleme und erreichte schon früh vollen Ausgleich. In einem weitestgehend ereignislosen Mittelspiel wurden peu à peu die meisten Figuren getauscht und ein Doppelturmendspiel mit ungleichfarbigen Läufern erreicht:
Angesichts fehlender Perspektiven bot der Nürnberger an dieser Stelle Remis an, was von Philipp natürlich sofort akzeptiert wurde. (1½-2½)
An Brett 7 (W) bekämpfte Jaroslav Illetsko die Französische Verteidigung seines Gegners mit der Steinitz-Variante. Beide Spieler folgten der Hauptvariante bis zum 8. Zug als sich Jaroslav für einen weniger häufig gespielten Aufbau entschied. Kurze Zeit später kam es zu einer zweifelhaften Entscheidung des Windischeschenbachers:
Mit Raumvorteil am Damenflügel und Läuferpaar hatte Schwarz die besseren Aussichten, lediglich halbwegs kompensiert durch den starken Springer auf d4. Der komplexe Kampf im Mittelspiel brachte keinen Sieger hervor und so gelang es Jaroslav mittels des Bauervorstoßes f5 Gegenspiel am Königsflügel zu erlangen. In mittlerweile wieder ausgeglichener Stellung unternahm er schließlich einen Gewinnversuch:
Mit einer Qualität weniger zu spielen war dem Nürnberger wohl nicht geheuer und so wählte er 29…Lxd4? 30.exf7+Kh8 und stand nach 31.Dxd4 erneut vor der Gretchenfrage:
Da sich die Mattdrohung nur unter Turmverlust parieren ließ, musste der Nürnberger wenige Züge später konsterniert die Segel streichen. (2½-2½)
An Brett 2 (S) sah sich FM Zdenek Haba in einem geschlossenen Sizilianer schon früh mit dem Läuferausfall nach b5 konfrontiert, den er seinerseits mit dem Rösselsprung nach d4 beantwortete. Nach wenigen weiteren Zügen ergab sich ein Ungleichgewicht in Form von weißem Entwicklungsvorsprung gegen das schwarze Läuferpaar und einen zusätzlichen Bauern im Zentrum. Folgerichtig ergriff der Nürnberger die Initiative und benutzte seinen verbliebenen e-Bauern als Rammbock, um die Stellung weiter zu öffnen:
Der Weiße wollte den Damentausch verständlicherweise vermeiden, doch zwei Züge später übertrieb er es mit dem Rückzug:
Der Tausch der Bauern b5 gegen a2 öffnete die Schleusen für die schwarzen Schwerfiguren und markierte für Zdenek den Beginn einer Treibjagd bis zum bitteren Ende. Sein Gegner wehrte sich verzweifelt, doch seine unsichere Königsstellung machte eine erfolgreiche Verteidigung unmöglich. Im 33. Zug, das undeckbare Matt vor Augen, warf er schließlich das Handtuch. (3½-2½)
An Brett 5 (W) spielte Stephan Schmahl gegen die Französische Verteidigung die friedfertige Abtausch-Variante. Doch was so harmlos begann, entwickelte sich überraschend schnell zu einem scharfen Kampf auf Biegen und Brechen mit entgegengesetzten Rochaden:
Da die Stellung höchst zweischneidig blieb, war es kein Wunder, dass beide Kontrahenten nicht immer die besten Züge fanden und die Enginebewertung mehrfach die Seiten wechselte. Nachdem sich der Rauch nach Abtausch aller Läufer etwas verzogen hatte, waren die Chancen wieder ausgeglichen bis dem Nürnberger ein ernster Fehler unterlief, der wenige Züge später zu einer Gewinnstellung für Stephan führte. Als er jedoch nicht den klarsten Weg fand, verflüchtigte sich sein Vorteil wieder bis er schließlich in Zeitnot vollends den Faden verlor:
Der Windischeschenbacher konnte nur noch im Trüben fischen und warf seine Zentralbauern nach vorn in der wagen Hoffnung dem schwarzen König zu Laibe zu rücken. Und seine Verzweiflungstat wäre um ein Haar von Erfolg gekrönt gewesen, als sich sein Gegner von den weißen Scheindrohungen tatsächlich ins Bockshorn jagen ließ:
Nach 32.exf7+ Kxf7 33.fxg6+ hxg6 34.Tee2 war der Schwachpunkt b2 ausreichend gedeckt:
Doch wie so häufig sorgte die inzwischen beidseitige Zeitnot für ein unvorhersehbares und dramatisches Ende. Nach 35…Sc4 36.Tef2 a3 lag der Sieg zum Greifen nah:
Doch ein Unglück kommt selten allein und so nahm das Unheil seinen Lauf:
Geschockt vom Lauf der Dinge und seinen eigenen Fehlern spielte Stephan noch ein paar Züge weiter, ließ sich matt setzten und avancierte so zur tragischen Figur des Wettkampfs. (3½-3½)
An Brett 1 (W) eröffnete Tobias Brunner wie üblich mit einem geschlossenen Sizilianer. Die Partie verlief bis zum 12. Zug in bekannten Bahnen, bis Tobias zu optimistisch zu Werke ging:
Sein Gegner fand zwar nicht die optimale Fortsetzung, konnte sich aber nach dem Damentausch einen dauerhaften Vorteil im Endspiel sichern. Nach einiger Zeit des Lavierens, versuchte der Windischeschenbacher Druck gegen den rückständigen schwarzen e-Bauern aufzubauen:
Nach dieser für uns glücklichen Abwicklung sollte die Partie bis zur Zeitkontrolle die Remisbreite nicht mehr verlassen. Beide Kontrahenten spielten noch ein paar Züge weiter, bevor sie sich in Anbetracht des Wetkampfstandes und der völlig ausgeglichenen Stellung auf Remis einigten. (4-4)
Mit diesem Mannschaftspunkt liegen wir mit einem ausgeglichenen Punktekonto weiterhin im Mittelfeld der Tabelle. Ein Zwischenergebnis, das den Erwartungen entspricht und identisch zur Vorsaison ausfällt.
Die 4. Runde, zu der wir erneut auswärts beim klar favorisierten SC Erlangen antreten müssen, wird richtungsweisend für den Rest der Saison sein. Können wir uns weiterhin im Mittelfeld halten oder wird das Abstiegsgespenst auch bei uns umgehen?