Gut erholt von der Pleite in Bindlach zeigte sich die 1. Mannschaft am vergangenen Sonntag beim Heimspiel im Feuerwehrhaus gegen den TSV Kareth-Lappersdorf. Rückkehrer Jaroslav Illetsko wurde nach überstandener Krankheit von allen freudig begrüßt und saß erstmals in dieser Saison für uns am Brett. Solchermaßen mental gestärkt fand die gesamte Mannschaft zu alter Stärke zurück, wirkte hochkonzentriert und kam mit einer überzeugenden Leistung gegen die leicht favorisierten Regensburger Vorstädter ohne eine einzige Niederlage zu einem kaum für möglich gehaltenen klaren Sieg.
An Brett 5 (S) wurde Stephan Schmahl in der Sizilianischen Verteidigung von einer ungewöhnlichen Zugfolge seines Gegners überrascht, mit der dieser versuchte in eine günstige Variante des scharfen Morra-Gambits überzuleiten. Stephan bewahrte jedoch kühlen Kopf, ließ sich auf nichts ein und griff stattdessen zu einem bekannten Scheinopfer im Zentrum, das die weißen Angriffshoffnungen zunichte machte und die Stellung durch Übergang ins Endspiel sofort ausglich:
In der Folge hatte Schwarz wegen seines Läuferpaars sogar einen minimalen Vorteil, doch da dieser aufgrund der fehlenden Bauernhebel nur schwer zu vergrößern war und sich zudem nach einer Ungenauigkeit verflüchtigte, bot Stephan im 17. Zug ein Unentschieden an, was nach kurzer Beratung der Gäste angenommen wurde.
Ein guter Start für das Team mit einem schnellen und sicheren Schwarz-Remis. (½-½)
An Brett 6 (W) duellierte sich Jaroslav Illetsko mit seinem Gegner in einer der am tiefsten analysierten Abspiele der Tarrasch-Variante in der Französischen Verteidigung. Beide Kontrahenten schenkten sich nichts, konnten aber aus der Eröffnung keinen Vorteil erzielen. Auch im Mittelspiel blieb die Stellung nach beidseitig typischen Manövern im Gleichgewicht bis der Schwarze den Damentausch anbot:
Jaroslav wählte einen anderen Weg, deckte seine Dame mit dem Turm und nach dem Tausch auf d2 war die Stellung völlig ausgeglichen. Zwei Züge später bot der Karether Remis an, was zurecht akzeptiert wurde. Ein erfreulicher Einstand für Jaroslav nach seiner viel zu langen Abwesenheit! (1-1)
An Brett 7 (S) spielte Jindrich Novak gegen den Aufzug des Königsbauern wie üblich eine Mischung aus Philidor- und Pirc-Verteidigung. Da auch sein Gegner nichts einzuwenden hatte, kam es schon im 4. Zug zum Damentausch und einem anschließenden komplexen Mittelspiel. Den kleinen weißen Raumvorteil konnte Jindrich durch ein geschicktes Manöver mit Tausch der schwarzfeldrigen Läufer ausgleichen. Als auch die beiden letzten Läufer und ein Turmpaar das Brett verließen, blieb ein gleich stehendes Endspiel übrig:
In der Folge fand der Karether keinen wirksamen Plan, was Jindrich Zeit gab seine Springer für eine bessere zentrale Kontrolle umzugruppieren. Als Weiß schließlich doch noch versuchte seine Bauern am Königsflügel nach vorn zu werfen, war sein Hinterland nicht ausreichend koordiniert und Jindrich hätte klaren Vorteil erreichen können:
Leider verpasste der Windischeschenbacher diese Gelegenheit und wollte stattdessen den Bauern g5 mit dem Turm einkassieren, hatte dabei aber vermutlich die taktischen Ressourcen seines Gegners unterschätzt:
Das Unentschieden vor Augen geriet der Karether unter Zeitdruck plötzlich ins Schwimmen und verlor innerhalb weniger Züge vollends den Faden:
Wenige Züge später kam es zum Schlussakkord:
Vermutlich enttäuscht über den Lauf der Ereignisse schleppte der Gast die Partie noch über die Zeitkontrolle, bevor er das Handtuch warf und gratulierte. Ein zwar etwas glücklicher aber enorm wichtiger Sieg für uns und der zweite volle Punkt für Jindrich in Serie! (2-1)
An Brett 1 (S) bekam es FM Zdenek Haba mit der Alapin-Variante der Sizilianischen Verteidigung zu tun und leitete durch Zugumstellung in eine Art Modern Defence über, die nach acht Zügen eher wie die Panov-Variante der Caro-Kann Verteidigung anmutete:
Die ungewöhnliche Eröffnung schien beiden Kontrahenten einiges Kopfzerbrechen zu bereiten, denn Fehler in einer so frühen Partiephase sind für Spieler dieses Niveaus eher unüblich. Zur nächsten fragwürdigen Entscheidung kam es bereits wenige Züge später:
Drei Züge später waren die Damen vom Brett verschwunden und der schwarze Vorteil verpufft:
Ein weiteres Schwarz-Remis für uns, aber eine Partie in der nach überstandener früher Krise vielleicht sogar mehr drin gewesen wäre. (2½-1½)
An Brett 3 (S) konnte Christian Müller in einem italienischen Zweispringerspiel seinen Augen kaum trauen, als sein Gegner, scheinbar provoziert durch den frühen Aufzug der schwarzen Königsflügelbauern, schon im 8. Zug eine Figur für bestenfalls nebulöse Kompensation opferte:
Die schwarze Stellung sah mit dem König in der Mitte zwar oberflächlich unbequem aus, doch Christian ließ sich weder ins Bockshorn jagen noch fing er an Gespenster zu sehen und ging nach ein paar Verteidigungszügen zum Gegenangriff über. Trotz der nicht immer genauesten Fortsetzung kam es in folgender Stellung zum krönenden Abschluss:
Vermutlich aus Ärger über seine frühe Fehlentscheidung, die zum inkorrekten Figurenopfer führte, zog der Karether seinen König in die Ecke und wurde klassisch ausgeknockt:
Ein überzeugendes Finale von Christian und ein weiterer voller Punkt nach missratener Eröffnung seines Gegners, mit dem wir ganz nah dran waren am Mannschaftssieg. (3½-1½)
An Brett 8 (W) kämpfte Miroslav Kalous mit seinem Gegner in einer Damenindischen Verteidigung trotz eines jeweils ungewöhnlich entwickelten Springers (Schwarz nach a6 und Weiß nach d2) verbissen um die Vorherrschaft im Zentrum. Drei fianchettierte Läufer sowie vier Bauern und ein Springer kreuzten direkt die Klingen und neutralisierten sich weitestgehend gegenseitig.
Auch nach den ersten Tauschaktionen blieb die Stellung ausgeglichen bis der Karether im 18. Zug anscheinend seine Chancen zu optimistisch einschätzte:
Die Stellung blieb weiterhin kompliziert mit Ungenauigkeiten und Fehlern auf beiden Seiten wobei der Gast schon zwei Züge später die Partie eigentlich wegwarf:
Als die Anspannung auf dem Höhepunkt war, verlor der Karether in immer noch ausgeglichener Stellung vollends den Faden und geriet endgültig auf die Verliererstraße:
Bei beidseitig aufkommender Zeitnot und nach weiteren Fehlern landete man schließlich in einem skurrilen Turmendspiel in dem die schwarzen Fußgänger nur zweiter Sieger wurden:
Mit diesem lange Zeit nicht erwarteten Partiegewinn hatte Mirek den sprichwörtlichen Sack zugemacht und den wertvollen Mannschaftssieg sichergestellt. Ein erhebendes Gefühl und eine heroische Leistung! (4½-1½)
An Brett 4 (W) wählte Philipp Mark gegen das altehrwürdige und unverwüstliche Wolga-Benkö-Gambit eine der Hauptvarianten, die in ein typisches Mittelspiel mündete. Den Minusbauern versucht Schwarz mit Figurenaktivität und Druck auf den offenen Linien am Damenflügel zu kompensieren. Weiß stemmt sich mit einem Springer auf b5, unterstützt durch seinen Bauern a4, dagegen. Und genau so spielten es auch die beiden Kontrahenten:
Nach ein paar weiteren Zügen des Manövrierens kam Philipp leider vom rechten Weg ab:
Nichtsdestotrotz hatte der Karether nur Kompensation für den fehlenden Bauern, aber nicht mehr. Doch unter Zeitdruck unterlief Philipp ein schwerer Fehler, der ihn eigentlich die Partie hätte kosten müssen:
In einer von weiteren Fehlern geprägten Schlussphase war es schließlich der Gast, der seinen Vorteil endgültig verspielte:
Mit Erreichen der Zeitkontrolle und laut Computer ausgeglichener Stellung bot der sichtlich frustrierte Karether Remis an, das natürlich sofort angenommen wurde. Ein am Ende sicher glücklicher, aber insgesamt nicht unverdienter halber Punkt mit dem Philipp weiterhin ungeschlagen und eine Stütze der Mannschaft bleibt! (5-2)
An Brett 2 (W) bekam es Tobias Brunner mit dem extrem starken und weithin bekannten Schachfreund Roland Speckner zu tun, der mit seiner fast 250 Punkte höheren Wertungszahl klarer Favorit in dieser Begegnung war. Ganz sicher kein einfaches Los, zumal letzterer mit drei Punkten aus drei Partien auch noch mit einer blütenreinen Weste angereist war. Doch Tobias zeigte sich unbeeindruckt und verfolgte von Anfang bis Ende konsequent seinen Plan, nämlich einfach nichts zu unternehmen und es seinem prominenten Gegner zu überlassen, zu zeigen, wie er gedachte mit den schwarzen Steinen zu gewinnen. In der Abtausch-Variante der Caro-Kann Verteidigung war dann bis zum 15. Zug auch tatsächlich nicht viel passiert:
In der recht statischen Stellung waren Positionsverständnis und ein geduldiges Lavieren angesagt, was sich zwar leicht anhört, in der Praxis aber regelmäßig als sehr schwer herausstellt. So kam es auf beiden Seiten zu Ungenauigkeiten, die jedoch die generelle Einschätzung eines Gleichgewichts nicht nennenswert beeinflussten. Zwölf Züge später ergab sich folgende hochinteressante Möglichkeit:
Da eine derartige Verschärfung der Lage aber nicht ins allgemeine weiße Konzept gepasst hätte, verzichtete Tobias bewusst auf diese Wendung und konzentrierte sich stattdessen wieder aufs Abwarten. Nach einer weiteren längeren Phase des Lavierens, gelang es dem Windischeschenbacher schließlich seinen Doppelbauern aufzulösen und damit dem angestrebten Remis wieder einen Schritt näher zu kommen:
Nach dem anschließenden Generalabtausch der Türme auf der h-Linie war das Unentschieden bereits abzusehen:
Tobias blieb sich treu, ließ sich auch am Schluss auf keine Experimente ein und tütete das verdiente Remis schließlich im 54. Zug per Dauerschach in einem reinen Damenendspiel ein. Eine klasse Leistung gegen einen scheinbar übermächtigen Gegner und die Abrundung eines aus unserer Sicht fabelhaften Wettkampfs! (5½–2½)
Und hier noch einmal alle Paarungen und Ergebnisse im Überblick:
Nach diesem Big Point ist das gerade erst aufgetauchte Abstiegsgespenst schon fast wieder vertrieben! Nach zwei Dritteln der Saison weisen wir als Aufsteiger ein ausgeglichenes Punktekonto auf und konnten dabei sogar gegen die drei Spitzenteams exakt 50 % der Punkte und Brettpunkte erzielen. Eine mehr als erfreuliche Zwischenbilanz, die uns alle Chancen gibt das große Ziel Klassenerhalt aus eigener Kraft zu erreichen!
Es folgt die aktuelle Tabelle, in der noch immer das Ergebnis des wegen des Schneechaos Anfang Dezember 2023 ausgefallenen Kampfes PTSV SK Hof – SK Herzogenaurach fehlt:
In der 7. Runde am 17. März sind wir zu Gast beim momentanen Tabellenschlusslicht PTSV SK Hof und könnten dort mit einem Auswärtssieg den Klassenerhalt praktisch besiegeln. Mit einer ähnlich soliden Vorstellung wie am Sonntag muss uns überhaupt nicht bange sein, aber unterschätzen dürfen wir unseren Gegner auf gar keinen Fall! Die Hofer stehen mit dem Rücken zur Wand und werden sicher alles in die Waagschale werfen, um dem drohenden Abstieg doch noch zu entgehen. Nur mit unserer mannschaftlichen Geschlossenheit können wir auch diese Hürde meistern!
Das LigaOrakel honoriert unsere klasse Vorstellung mit einer weiteren Verbesserung unserer Chancen auf den Klassenerhalt, diesmal um satte 21,3 Prozentpunkte auf nur noch 0,7 % Abstiegswahrscheinlichkeit:
Erstmals billigt uns das Orakel sogar Aufstiegschancen von 0,1 % zu! Einfach nur verrückt!
Die Situation in den oberen Ligen scheint sich zudem immer mehr in Richtung nur zweier Absteiger aus der Landesliga zu klären, was zusätzlich die enorme Verbesserung unserer Chancen erklärt:
Alles in allem sieht die Schachwelt derzeit rosig für uns aus. Wenn wir weiter so selbstbewusst und konzentriert auftreten, kann es auch so bleiben!