Am vergangenen Sonntag empfingen wir den SK Schwandorf zum Halbfinale im oberpfälzischen Viererpokal. Während wir in bewährter Aufstellung mit vier Spielern aus der 1. Mannschaft antreten konnten, mussten die Gäste auf einen ihrer Stammspieler verzichten, so dass wir im Schnitt einen DWZ-Vorteil von 1976 zu 1910 aufwiesen und somit als leichter Favorit ins Rennen gingen. Doch der Pokal hat bekanntlich seine eigenen Gesetze und so sollte es zu einem an Dramatik kaum zu überbietenden Kampf einschließlich Verlängerung kommen!
An Brett 1 (S) wurde Christian Müller in einer Englischen Partie schon nach fünf Zügen die Möglichkeit zum Damentausch angeboten, die er nach kurzem Nachdenken annahm. In der Folge konnte er sich frei entwickeln und problemlos eine ausgeglichene Stellung erreichen. Nachdem sein Gegner hauptsächlich auf Sicherheit bedacht war und wenig unternahm, um einen Eröffnungsvorteil zu erreichen, bewertete die Engine die schwarze Stellung bereits als etwas günstiger. Doch aufgrund fehlender Angriffspunkte hätte Christian für ein Spiel auf Gewinn ins Risiko gehen müssen, was er vernünftigerweise unterließ. Nach dem Tausch aller Türme einigte man sich schließlich in einem völlig ausgeglichenen Leichtfigurenendspiel auf ein gerechtes Remis. (½-½)
An Brett 3 (W) wählte Philipp Mark gegen das abgelehnte Damengambit die klassische Abtauschvariante. Nach Abschluss der Entwicklung griff Philipp zum hinlänglich bekannten Minoritätsangriff, um eine Initiative am Damenflügel zu entfachen. Doch sein Gegner zeigte sich gut vorbereitet und auf der Höhe des Geschehens, so dass die Partie bis zum 27. Zug im Gleichgewicht blieb. Dann jedoch unterlief dem Windischeschenbacher eine Ungenauigkeit, die der Gast zu einem taktischen Einschlag nutzte und das Pendel zu seinen Gunsten ausschlagen ließ. Zu unserem Glück fand der Schwandorfer anschließend jedoch nicht die stärkste Fortsetzung und so verflüchtigte sich sein Vorteil wieder. Wenige Züge später landete man in einem vollkommen ausgeglichenen Turmendspiel und einigte sich folgerichtig auf ein insgesamt leistungsgerechtes Unentschieden. (1-1)
An Brett 4 (S) entschied sich Stephan Schmahl für die Nimzoindische Verteidigung und wurde mit dem klassischen 4.Dc2 konfrontiert. Nach einem Gegenstoß im Zentrum und mehrfachem Figurentausch entstand ein typisches damenloses Mittelspiel, in dem das weiße Läuferpaar den eigenen Doppelbauern in etwa kompensiert. Stephan konnte sich zwar nach und nach einen kleinen Vorteil erspielen, bezahlte dies aber mit einem enormen Zeitverbrauch. Die Stellung verließ bis zum 25. Zug nie die Remisbreite, doch dann ließ sich der Schwandorfer zum Schlagen eines zweitrangigen Bauern verleiten, wonach die schwarzen Figuren zum Leben erwachten und der Windischeschenbacher eine starke Initiative entwickeln konnte. Bei knapp werdender Zeit verpasste Stephan jedoch leider gleich mehrfach gewinnversprechende Fortsetzungen und landete nach der Zeitkontrolle in einem nur noch minimal besseren Endspiel. Das anschließende Remisangebot seines Gegners nahm er schließlich zähneknirschend an. (1½-1½)
An Brett 2 (W) griff Tobias Brunner gegen die Sizilianische Verteidigung wie üblich zum bekannten Grand-Prix-Angriff. Da sich beide Kontrahenten aus zahlreichen Turnieren bestens kennen, war es kein Wunder, dass die Züge bis weit ins Mittelspiel relativ locker heruntergespielt wurden und die Stellung weitestgehend im Gleichgewicht blieb. Im 20. Zug kam es zu einem Fehler bei gleichzeitigem Remisangebot des Schwandorfers, dass Tobias korrekterweise ablehnte. Leider verpasste er jedoch kurze Zeit später die beste Fortsetzung, die ihm einen klaren Vorteil verschafft hätte. Stattdessen konnte der Gast nun seinerseits die Initiative übernehmen und die weißen Figuren Schritt für Schritt zurückdrängen. Kurz vor der Zeitkontrolle unterlief Tobias ein schwerer Fehler, der ihn einzügig zur Aufgabe hätte zwingen können, doch zu seinem und unserem Glück ließ der Gegner diese Chance ungenutzt. Nach Schwerfigurentausch folgte eine lange Phase des Lavierens in einem für Tobias schlechteren Endspiel. Nachdem inzwischen klar war, dass nur ein Remis uns wenigstens in die Verlängerung retten würde, wurde der Druck auf beide Spieler von Minute zu Minute größer. Tobias kämpfte wie ein Löwe und verlor trotz objektiv mehrfach verlorener Stellung nie die Hoffnung. Mit jedem Bauerntausch kam er einem möglichen Remis näher und als der Schwandorfer schließlich zwei weitere klare Gewinne ausließ, kam es nach sage und schreibe 107 Zügen schlussendlich zu einer Abwicklung in ein reines Bauerendspiel, das der Gast nicht mehr gewinnen konnte. Damit waren Remis und Gesamtunentschieden amtlich. (2-2)
Das Regelwerk sah nun ein Blitzmatch mit vertauschten Farben vor, wobei die Mannschaftsführer sich auf eine Zeiteinteilung von 3 Minuten für die ganze Partie + 2 Sekunden Zuschlag pro Zug einigten (3+2). Man kann sich leicht vorstellen, dass sich eine solche Nervenschlacht nach über sechs Stunden weniger wie eine Verlängerung als vielmehr wie ein Elfmeterschießen anfühlt. Und dort kommt es bekanntermaßen sehr aufs Glück an.
In diesem Herzschlagfinale behielten wir schließlich knapp mit 2½-1½ die Oberhand. Christian und Philipp konnten ihre Partien gewinnen, Stephan spielte Remis und Tobias unterlag.
Nach diesem spektakulären Kampf haben wir tatsächlich das Finale erreicht und treffen dort auf die Oberliga-Mannschaft der SG Post/Süd Regensburg, die in einem ebenfalls an Spannung kaum zu überbietenden Fight ihren Erzrivalen Bavaria Regensburg mit 2-2 durch Berliner Wertung besiegten.
Beide Teams stehen damit im Pokal auf Bayerischer Ebene und können sich auf ein weiteres Kräftemessen mit überregionalen Teams freuen. Wann das Finale stattfindet, steht zum gegenwertigen Zeitpunkt noch nicht fest.
Nicht versäumen wollen wir, uns bei unseren Freunden vom SK Schwandorf für ihr tadellos sportliches Verhalten zu bedanken, denn unglücklicher kann man kaum unterliegen.