Zum Jahresabschluss kam es in der Landesliga Nord (LLN) am 1. Advent im Feuerwehrhaus zum Duell mit der 2. Mannschaft des SC Noris-Tarrasch Nürnberg. Nominell waren wir wie üblich an fast jedem Brett mit einem schlechteren Rating ausgestattet, so dass unser Gast auch diesmal eindeutig als Favorit anzusehen war. Doch wir waren optimistisch und hofften mit einem ähnlichen Kampfgeist, wie schon in den ersten beiden Runden an den Tag gelegt, auf eine weitere Überraschung. Mit der zum dritten Mal identischen Aufstellung gingen wir das Match an und mussten uns am Ende denkbar knapp und etwas unglücklich geschlagen geben.
An Brett 1 (S) wählte FM Zdenek Haba die Leningrader Variante der Holländischen Verteidigung. Die Computer bewerten die Eröffnung und das von beiden Kontrahenten exerzierte Hauptabspiel üblicherweise als vorteilhaft für Weiß, doch als der Nürnberger einen anscheinend offensichtlichen aber wenig gefährlichen Bauervorstoß im Zentrum durchführte, erreichte Zdenek nach Bauern- und Figurentausch sofortigen Ausgleich. Mangels besserer Alternativen landete man schnurstracks in einer logischen Zugwiederholung und einigte sich früh auf ein unspektakuläres Remis. (½-½)
An Brett 4 (W) musste sich Philipp Mark ebenfalls mit der Holländischen Verteidigung auseinander setzen, die nach dem Beginn als Leningrader Variante zu einem hybriden Stonewall mutierte. Auch in dieser Partie hält die Engine die weißen Chancen für besser, doch einen klaren Weg zu Vorteil konnte Philipp nicht finden und war wohl auch nicht vorhanden. Beide Kontrahenten lavierten geduldig, um die besten Positionen für ihre Figuren zu finden und tauschten erst im 14. Zug das erste Springerpaar. Trotz weiterhin optischer Überlegenheit gab es aber kein Durchkommen und als auch die beiden letzten Springer vom Brett verschwanden, einigte man sich in verschachtelter Stellung auf ein leistungsgerechtes Remis. (1-1)
An Brett 8 (W) bekämpfte Milo Müller die Caro-Kann Verteidigung seines Gegners mit dem nach dem englischen Ex-Vize-WM Nigel Short benannten System der Vorstoß-Variante. Als der Nürnberger im 9. Zug einen ungünstigen Tausch wählte, hätte Milo schon früh gewinnverheissenden Vorteil erreichen können. Leider wählte er jedoch eine weniger starke Abwicklung, die ihm aber immer noch die besseren Chancen versprach. In der Folge zeigte sich Milo furchtlos und warf seine Königsflügelbauern nach vorn, um den schwarzen Springern die Zentralfelder zu nehmen. Das Entblößen des eigenen Hinterlands war nicht ohne Risiko und als sein Gegner die richtigen Verteidigungszüge fand und diese mit Gegenspiel verbinden konnte, verflüchtigte sich der weiße Vorteil zusehends. Bei aufkommender Zeitnot unterliefen beiden Spielern einige Ungenauigkeiten und man landete letztendlich in einem ausgeglichenen Endspiel. Kurz vor der Zeitkontrolle unterlief Milo dann leider der entscheidende Fehler. Die schwarze Dame drang ins gegnerische Lager ein und hätte eigentlich für den K.O.-Schlag sorgen können, doch wie durch ein Wunder erhielt Milo noch einmal die Chance, die Partie zu retten. Doch statt den gefährlichen Springer zu tauschen, verlor er den Überblick und wurde durch eben jenen matt gesetzt. Ein tragisches und unverdientes Ende einer lange Zeit gut geführten Partie. (1-2)
An Brett 3 (S) sah sich Christian Müller zum wiederholten Male in dieser Saison dem nominell stärksten Spieler des Wettkampfs gegenüber. Aus der vom Gast gewählten Reti-Eröffnung wurde ein Königsindischer Angriff, dem Christian durch umsichtiges Spiel schon früh die Spitze nehmen konnte. Der nachfolgende unbedingte Versuch einen Eröffnungsvorteil zu erreichen, wurde für den Nürnberger unerwartet zum Boomerang. Christian nutzte geschickt seinen leichten Entwicklungsvorsprung, übernahm die Initiative und übte starken Druck auf die weiße Stellung aus, die schließlich in einem Bauerngewinn mündete. Mit Damen auf dem Brett hätte der Computer die Stellung für ihn als gewonnen eingeschätzt, doch Christian entschied sich für das einfacher zu handhabende Endspiel mit ebenfalls sehr guten Chancen. Bei steigendem Zeitdruck entglitt ihm dieser Vorteil jedoch immer mehr, so dass der Nürnberger schließlich seinen Bauern zurück gewinnen und in ein ausgeglichenes Bauernendspiel abwickeln konnte. Als das Remis bereits beschlossene Sache zu sein schien, unterlief dem Nürnberger kurz vor der Zeitkontrolle ein schwerer Fehler, der die Partie eigentlich einstellte. Doch leider passierte Christian postwendend das gleiche Missgeschick und so endete diese dramatische Auseinandersetzung doch noch mit einem Unentschieden. (1½-2½)
An Brett 7 (S) griff Miroslav Kalous gegen die Königsbauereröffnung seines Gegners zur Französischen Verteidigung. In der Winawer-Variante wählte der Nürnberger die eher harmlose aber nicht zu unterschätzende Abtausch-Variante. Und wie so oft entwickelte sich nach Abschluss der Figurenentwicklung aus der scheinbar so ruhigen Anfangsphase ein scharfer Kampf mit entgegengesetzten Rochaden. Nach einer Ungenauigkeit des Nürnbergers konnte Mirek die Initiative übernehmen und einen kleinen aber dauerhaften Vorteil verbuchen, der sich überraschend schnell zu einer Gewinnstellung verdichtete. Nach Tausch der Schwerfiguren nutzte Mirek die Schwäche der weißen Felder im weißen Lager, um mit seinem König am Damenflügel einzudringen. Das letztendlich entstandene Bauernendspiel war für den Nürnberger völlig hoffnungslos. Mirek ließ sich die Butter nicht mehr vom Brot nehmen und brachte den vollen Punkt sicher nach Hause. (2½-2½)
An Brett 5 (S) musste sich Stephan Schmahl mit einer speziellen Variante des geschlossenen Sizilianers auseinander setzen. Während der Weiße sein Augenmerk ganz auf den Königsflügel richtete, suchte Stephan sein Heil im Zentrum und am Damenflügel. Statt jedoch das Gegenspiel sofort zu forcieren, verlegte er sich zunächst auf die Verteidigung und geriet nach ungenauen Zügen in eine gedrückte Stellung. In seiner Not fand Stephan ein starkes Bauernopfer, das ihm bei korrektem Spiel gute Chancen gegeben hätte, die Partie wieder auszugleichen. Doch leider geriet er in Zeitnot erneut auf die schiefe Bahn und stand klar schlechter. Nur dem wenig energischen Spiel seines Gegners war es zu verdanken, dass Stephan noch einmal zurück kam, doch am Ende forderte der Zeitdruck seinen Tribut. Ein schwerer Fehler kostete ihn einen zweiten Bauern und damit die Partie. Nur aufgrund des knappen Mannschaftsstands schleppte er die Partie noch über die Zeitkontrolle bis zum 54. Zug, doch das erhoffte Wunder blieb leider aus. (2½-3½)
An Brett 6 (W) eröffnete Jindrich Novak wie gewohnt mit dem Londoner System und forcierte unter Inkaufnahme eines leichten Nachteils den frühen Damentausch. Der Nürnberger nutzte die Situation geschickt aus und schnürte durch starkes Spiel den weißen Damenflügel ein. Als er auch noch das Läuferpaar gewann, reklamierte die Engine bereits eine Gewinnstellung für Schwarz. Doch Jindrich war keinesfalls gewillt kampflos unterzugehen und wehrte sich nach Kräften. Und tatsächlich gelang es ihm den Nachteil durch umsichtige Verteidigung Schritt für Schritt zu reduzieren. Auf Kosten eines Bauern etablierte Jindrich eine Blockadestellung auf den schwarzen Feldern und glich die Stellung wieder vollkommen aus. Nach der Zeitkontrolle wurde es dramatisch und die Ereignisse überschlugen sich. Nach einem Fehler des Nürnbergers im 51. Zug stand Jindrich plötzlich auf Gewinn, doch er ging an seinem Glück vorbei. Nur sechs Züge später kam es noch schlimmer und Jindrich stellte seinerseits die Partie ein, doch auch diesmal kam es nicht zu einer Entscheidung. In klarer Gewinnstellung griff sein Gegner zum letzten Mal daneben und die Partie versandete endgültig zum Remis. (3-4)
An Brett 2 (W) bekam es Tobias Brunner mit der Grünfeld-Indischen Verteidigung zu tun. Er wählte eine ruhige Variante, in der das weiße Übergewicht im Zentrum durch das aktive schwarze Figurenspiel kompensiert wurde. Nach Abschluss der Entwicklung begannen die ersten taktischen Geplänkel, die jedoch ohne einen nennenswerten Vorteil für eine der beiden Seiten endeten. Im 19. Zug unterlief Tobias ein Fehler, der zu schwarzem Vorteil hätte führen können, doch der Nürnberger übersah diese Möglichkeit und die Stellung blieb im Gleichgewicht. Im zweischneidigen Mittelspiel geriet Tobias nach ungenauem Spiel erneut in Nachteil. Sein junger Gegner manövrierte geschickt und erarbeitete sich eine Angriffsstellung, die nach einem weiteren Fehler von Tobias laut Engine gewonnen war. Statt jedoch konsequent auf matt zu spielen, wählte er ein Endspiel mit Mehrqualität, das zwar auch gewonnen schien, Tobias aber weit bessere Chancen einräumte, die Partie doch noch zu retten. Letztlich wären alle Verteidigungsversuche vergeblich gewesen, doch im 61. Zug unterlief dem Nürnberger der entscheidende Fehler, der die Partie zum Remis verdarb. (3½-4½)
Und hier noch einmal alle Paarungen und Ergebnisse im Überblick:
Nach dieser unglücklichen Niederlage müssen wir uns erstmalig nach unten orientieren, insbesondere da uns in den kommenden drei Runden die drei Erstplatzierten Teams ins Haus stehen. Nichtsdestotrotz bleiben wir optimistisch und denken nur von Spiel zu Spiel. Als Aufsteiger haben wir uns bisher mehr als gut verkauft und haben rein gar nichts zu verlieren!
Es folgt die aktuelle Tabelle, in der noch zwei Ergebnisse der wegen des Schneechaos ausgefallenen Kämpfe TSV Bindlach Aktionär – SW Nürnberg-Süd und PTSV SK Hof – SK Herzogenaurach fehlen:
In der 4. Runde am 14. Januar spielen wir erneut zu Hause gegen den aktuellen Tabellenführer vom SC Erlangen. Die Trauben hängen wieder sehr hoch, also strecken wir uns noch ein bisschen mehr!
Das allseits beliebte LigaOrakel sieht uns weiterhin als 2. Abstiegsfavorit:
Es liegt nur an uns, das Orakel Lügen zu strafen!