Unglücklicher Saisonstart der 1. Mannschaft

Am ersten Oktoberwochenende begann unsere zweite Landesligasaison mit einem Auswärtsspiel beim SC Schwarz-Weiß Nürnberg-Süd. Die Gastgeber konnten nicht nur mit großer Erfahrung sondern auch mit einem über 100 DWZ-Punkten höheren durchschnittlichen Rating (das höchste aller Mannschaften an diesem Spieltag!) aufwarten. Dass wir zudem mit Jaroslav Illetsko und Miroslav Kalous auf zwei unserer zuverlässigsten Kämpfer verzichten mussten, machte die Sache nicht leichter, doch unsere Youngster Milo Müller (neu Stammspieler) und Liliane Pavlov (Neuzugang) machten ihre Sache mehr als gut und holten aus zwei Schwarz-Partien 1½ Punkte! Doch auch sie konnten die am Ende klare 2½-5½ Niederlage leider nicht verhindern.

An Brett 6 (S) wählte Milo Müller gegen den Doppelschritt des Damenbauern die Slawische Verteidigung, die der Nürnberger mit dem Fianchetto seines Königsläufers und somit einer Katalanischen Struktur beantwortete. Milo gelang es den befreienden Bauernvorstoß e5 durchzusetzen, doch anstatt nun anschließend die Zentrumsspannung komplett aufzuheben und Ausgleich zu erreichen, entschied er sich für eine kompliziertere Variante und hätte bei genauem Spiel des Weißen in ernsten Nachteil geraten können:

Brett 6: Nach dem starken 15.Sh4! hätte Milo eine sehr unbequeme Stellung verteidigen müssen, doch zu seinem Glück wählte sein Gegner 15.Dc3? und hatte nach der Erwiderung 15…Lb4! keinerlei Vorteil mehr.

Der Nürnberger wich dem Damentausch zurecht aus und wäre nach einem Fehler von Milo fast doch noch belohnt worden. Als er jedoch postwendend ebenfalls daneben griff, stellte ein Scheinopfer mit indirektem Läufertausch das Gleichgewicht wieder her. Das zugleich ausgesprochene Remisangebot wurde nach kurzem Nachdenken angenommen. (½-½)

An Brett 7 (W) griff Jindrich Novak zum Torre-Angriff, den sein Gegner mit einer üblichen klassischen Aufstellung beantwortete. Nach Verschärfung der Situation mit entgegengesetzten Rochaden schien sich die Partie günstig für Weiß zu entwickeln, doch in komplizierter Stellung unterliefen beiden Kontrahenten mehrere Ungenauigkeiten, so dass sich die Waagschale mal zur einen, mal zu anderen Seite neigte. Im 23. Zug verpasste Jindrich leider eine gute Möglichkeit:

Brett 7: Mit 23.b3! konnte Jindrich das schwarze Gegenspiel lahmlegen und sich wieder seinem eigenen Angriff am Königsflügel widmen. Da er obendrein einen Mehrbauern hatte, plädiert der Computer bereits für klaren bis entscheidenden Vorteil. Leider wählte er jedoch 23.bxc3? und die Partie war wieder völlig offen.

Nur einen Zug später griff der Windischeschenbacher erneut fehl und hätte nun selbst in Nachteil geraten können, doch auch der Nürnberger nutzte die sich ihm bietenden Gelegenheiten nicht. Mit inzwischen entblößten König zog Jindrich die Reißleine und forcierte unter Rückgabe seines Mehrbauern den Damentausch, wonach ein völlig ausgeglichenes Doppelturmendspiel auf dem Brett stand. Bis zur Zeitkontrolle bewegten sich beide Spieler auf Augenhöhe als der Heimspieler im 41. Zug ohne jede Not eigentlich die Partie einstellte:

Brett 6: Nach dem auf der Hand liegenden 41…f4 hätte der schwarze genügend Gegenspiel für ein Remis gehabt, doch er zog 41…Kd6?? und stand nach 42.Kd4 glatt auf Verlust.

Zu unserem Leidwesen reagierte Jindrich zu zögerlich, bekam aber wenige Züge später erneut die Chance, die Partie in den Gewinnhafen zu steuern:

Brett 6: Mit 47…d4! konnte Schwarz noch ernsthaft um das Remis kämpfen, doch er wählte 47…Te2?? wonach 48.b5! leicht gewonnen hätte. Unglücklicherweise entschloss sich Jindrich zu 48.Ta5??, wonach die Computerbewertung von nahezu +5 auf 0 fällt und alle Siegchancen dahin waren.

Der letzte Fauxpas war leider nicht mehr zu korrigieren und so musste sich Jindrich im 61. Zug in das unvermeidliche Remis fügen. (1-1)

An Brett 2 (S) erwischte FM Zdenek Haba einen rabenschwarzen Tag. In der Alapin-Variante der Sizilianischen Verteidigung brachte er früh eine zweifelhafte Neuerung und geriet nach einem Fehler schon nach dem 11. Zug in laut Computer bereits entscheidenden Nachteil:

Brett 1: Direkt aus der Eröffnung wurde Zdenek in die Defensive gedrängt und als der Nürnberger die beste Fortsetzung 12.dxc5! fand, attestierte die Engine dem Weißen bereits eine Gewinnstellung.

Der Windischeschenbacher wehrte sich verzweifelt, doch sein Gegner war nicht mehr aus der Ruhe zu bringen und hielt seinen Vorteil bis zum Schluss souverän fest. Als es letzterem gelang kurz vor der Zeitkontrolle zusätzlich zu seinen beiden Mehrbauern auch noch einen Mattangriff einzuleiten, hatte Zdenek genug gesehen und gab sich geschlagen. (1-2)

An Brett 8 (S) sah sich unser Neuzugang Liliane Pavlov mit dem populären Londoner System konfrontiert. Die Eröffnung bewegte sich in gewohnten Bahnen und nach dem Abtausch von drei Figurenpaaren hätte Lili mit ruhigem Spiel eine ausgeglichene Stellung erreichen können:

Brett 8: Nach 13…0-0 wären die Eröffnungsprobleme aus schwarzer Sicht gelöst gewesen. Lili hatte aber anderes im Sinne und wählte 13…f5?! was spielbar ist, aber der Engine so gar nicht gefallen will.

Und unternehmenslustig ging es weiter. Zwei Züge später hätte der einfache Zug wiederum Ausgleich gebracht, doch die Windischeschenbacherin blieb sich treu:

Brett 8: 15…0-0-0 war unser Dame wohl zu langweilig und so zog sie risikofreudig 15…Kd7?!

Ihr Gegner ließ sich zunächst nicht verwirren und konzentrierte seine Kräfte folgerichtig auf das Zentrum, wo der schwarze Monarch den Druck der weißen Figuren zunehmend zu verspüren begann. Bei aufkommender Zeitnot entglitt Lili die Partie vollends, was der Nürnberger zu einem sofortigen Gewinn hätte nutzen können:

Brett 8: Nach dem starken 24.d6! wäre die Partie nicht mehr zu halten gewesen, doch Weiß ging an seinem Glück vorbei, zog 24.Qf5+?? und hatte seinen Vorteil verspielt.

Doch die Zeitkontrolle war noch lange nicht erreicht und so überschlugen sich die Ereignisse, was den Weg zu einem denkwürdigen Finale ebnete. Innerhalb von wenigen Zügen kippte die Stellungsbewertung mehrfach von Gewinn zu Verlust und wieder zurück:

Brett 8: Den Sieg vor Augen entschied sich der Nürnberger für den falschen Springerzug mit fatalen Folgen. 29.Sd6! hätte gewonnen, 29.Nxf6?? hingegen erlaubte es Lili die Partie endgültig auf den Kopf zu stellen.

Es folgte 29…Txf6! und das von Weiß geplante und vermutlich als vorteilhaft eingeschätzte 30.Dxd4 wurde auf sehenswerte Weise widerlegt:

Brett 8: Auf d4 konnte Lili wegen des Matts auf e8 nicht nehmen, doch nach 30…Dg6+ war das kritische Feld e8 überdeckt und die Rettung der weißen Dame mittels 31.De4 scheiterte am K.O.-Schlag 31…Tf1!!

Mit weniger als einer Minute auf der Uhr für noch neun Züge hatte Lili vermutlich den Zug des Tages gefunden, der ihren Gegner wegen unvermeidbarem schweren Materialverlust zur sofortigen Aufgabe zwang. Ein glücklicher dafür aber um so schönerer Sieg in ihrer Premierenpartie! (2-2)

An Brett 3 (W) bekam es Christian Müller nach dem Aufzug des Königsbauern mit der hyper-beschleunigten Drachen-Variante der Sizilianischen Verteidigung zu tun. Nach verhaltenem Beginn entwickelte sich eine komplexe Stellung mit beidseitigen Chancen. Eine Ungenauigkeit des Nürnbergers hätte sogar zu einem wilden Handgemenge führen können:

Brett 3: Mit dem Zug 9.exd6! hätte Chris die suboptimale Zugfolge seines Gegners ausnutzen und einen kleinen aber stabilen Vorteil erzielen können. Wie sehr das Brett in kürzester Zeit in Flammen stehen konnte, zeigt die mögliche Variante 9…exd6 10.0-0-0! Sxf2? 11.Txd6 Db6 12.Lb5! mit bereits entscheidendem Vorteil. Er wählte jedoch 9.Lb5 und Schwarz stand Ok.

Als sich der Heimspieler weiterhin weigerte auf e5 zu schlagen, bot sich Chris unerwartet erneut die Gelegenheit die schwarze Aufstellung unter Druck zu setzen:

Brett 3: Der Zug 11.0-0-0! sieht zwar gefährlich aus, aber überraschenderweise nur für Schwarz! Der Computer bevorzugt hier eindeutig die weißen Steine, was aber am Brett bei der Unübersichtlichkeit der Stellung für uns Menschen nur sehr schwer korrekt einzuschätzen war. Chris entschied sich für den sicheren Weg 11.0-0, wonach die Chancen nur minimal für ihn besser waren.

Der Windischeschenbacher bewahrte im Mittelspiel einen kleinen Vorteil, der sich jedoch im Laufe der Zeit mehr und mehr verflüchtigte. In ausgeglichener aber zweischneidiger Stellung unterlief Chris der vorentscheidende Fehler:

Brett 3: Die Engine möchte hier gerne 19.c4 mit Ausgleich sehen, doch Chris entschied sich für 19.Sxc6? und geriet nach 19…bxc6 20.Sd4 Db6 deutlich in Nachteil.

Wieviel schlummernde Energie in der Partie lag, zeigte sich gleich im nächsten Zug, als ein weiterer Fehler aus der schlechteren sofort eine verlorene Stellung machte:

Brett 3: Mit dem überraschenden aber schwer zu findenden Manöver 22.Lxe5 Txe5 23.b4! Lf8 24.Dd3 konnte Chris noch ums Remis kämpfen, doch er zog 22.b3? und stand nach 22…Se4! auf Verlust.

Die Schwäche des Feldes c3 und die unzureichend koordinierten weißen Figuren erwiesen sich als fatal. Chris verlor eine Qualität und wurde obendrein in die Defensive gedrängt. Eine Konstellation, in der sich der erfahrene Nürnberger nicht mehr beirren ließ und souverän zum Sieg verdichtete. (2-3)

An Brett 1 (W) landete Tobias Brunner durch Zugumstellung in einem geschlossenen Sizilianer. Beide Spieler griffen zu ungewöhnlichen und zeitraubenden Manövern, der Weiße am Königsflügel, sein Widerpart am Damenflügel. Tobias wagte zuerst einen Vorstoß ins gegnerische Lager und hätte prompt eine gefährliche Initiative entwickeln können:

Brett 1: Der Nürnberger hatte gerade den weißen Vorstoß 12.f5 mit 12…exf5? beantwortet, was Tobias die Möglichkeit zu einem spektakulären Figurenopfer gegeben hätte. Mit 13.Shxf5! gxf5 14.Sxf5 konnte er den Finger in die schwarze Wunde (Entwicklungsrückstand mit dem König in der Mitte) legen, doch leider verpasste er diese Chance, spielte den natürlichen 13.exf5 und musste sich mit Ausgleich begnügen.

Wie dynamisch die Stellung war, zeigte sich bereits einen Zug später:

Brett 1: Nach dem Schlagen auf g6 sollte Schwarz mit dem f-Bauern zurücknehmen, er griff jedoch zum h-Bauern. Danach wäre 15.d4! klar vorteilhaft für Weiß gewesen, doch Tobias spielte 15.De2? und stand nach 15…0-0! laut Engine plötzlich schlechter.

Der Windischeschenbacher spielte im Anschluss übertrieben optimistisch und eroberte den Bauern b5 statt sich um die Entwicklung seines schlafenden Damenflügels zu kümmern. Folgerichtig verdichtete sich die schwarze Initiative zu einer glatten Gewinnstellung. Doch trotz eines Figurengewinns gelang es dem Nürnberger unter Zeitdruck nicht den Sack zuzumachen und Tobias bekam kurz nach der Zeitkontrolle die Chance zu einer wundersamen Rettung:

Brett 1: Der Heimspieler hatte soeben 42…Sc4?? gezogen, um seine Mehrfigur zum Einsatz zu bringen. Zwar war 43.Txc4?? für Tobias wegen 43…Txg3+! mit Matt in acht Zügen nicht möglich, doch 43.Txf7! hätte das Remis gesichert. Schwarz müsste Dauerschach geben, da 43…Txg3?? und 43…Tb1+?? sogar noch verlieren.

Zu seinem und unserem Leidwesen konnte sich Tobias nicht zum Schlagen auf f7 durchringen und spielte stattdessen 43.Df3??, wonach sich die schwarze Mehrfigur im Endspiel leicht durchsetzte. Eine wilde Partie mit vielen vergebenen Chancen auf beiden Seiten und dem unglücklicheren Ende für uns. (2-4)

An Brett 5 (W) legte Stephan Schmahl die Eröffnung bewusst ruhig an. In einem Vierspringerspiel brachte Stephan im 9. Zug eine Neuerung, die der Engine nicht unbedingt gefällt, aber seinen Gegner in ein 45 minütiges Grübeln versinken ließ. Die hauptsächlich am Königsflügel versammelten Figuren steigerten zunächst das beidseitige Angriffspotenzial, das jedoch durch den zügigen Tausch von drei Leichtfiguren- und einem Turmpaar schnell wieder verpuffte. Übrig blieb ein ausgeglichenes Endspiel in dem die Zeit des Lavierens begann:

Brett 5: Ohne stabilen Vorposten für seinen Springer musste sich Stephan auf Verteidigung einrichten, da der bald auf g7 auftauchende schwarze Läufer zur stärkeren Leichtfigur wird. Grund zur Sorge gab es allerdings noch nicht, die Stellung befindet sich im Gleichgewicht.

Aufgrund schwindender Zeitreserven unterliefen beiden Kontrahenten Ungenauigkeiten und schließlich dem Windischeschenbacher ein ernster Fehler:

Brett 5: Mit 26.Sd2 hätte Stephan nicht nur das Einbruchsfeld b3 überdecken, sondern seinem Springer auch eine Route zum Vorpostenfeld g5 vorgeben können. Er spielte jedoch 26.Se3? und geriet in Nachteil.

Die Perspektivlosigkeit der aktuell wichtigsten Figur ist bei aufkommender Zeitnot eine große mentale Bürde, der Stephan leider nicht gewachsen war. In haltbarer Stellung unterliefen ihm direkt vor der Zeitkontrolle gleich zwei Fehler, die die Partie entschieden:

Brett 5: Der Nürnberger hatte gerade 38…Te5 gespielt und den schwachen Bauern g5 angegriffen. Damit war die Partie praktisch entschieden, denn der Rettungsversuch 39.De3 scheiterte an 39…Txg5+! und wegen des hängenden Te2 war die Verteidigung überlastet.

Nach dem Bauernverlust lag die weiße Stellung in Trümmern. Offener König, passiver Springer und schwacher Damenflügel waren zu viel. Stephan spielte zwar noch zehn Züge weiter, doch schlussendlich musste er sich in die unvermeidliche Niederlage fügen. (2-5)

An Brett 4 (S) wählte Philipp Mark die Russische Verteidigung, in der sein Gegner eine eher harmlose Variante aufs Brett brachte. Nach neun Zügen war eine komplett symmetrische Stellung erreicht, die ausgeglichen aussah, aber als schönes Beispiel für den Wert des Anzugsvorteils der weißen Steine dienen kann:

Brett 4: Weiß am Zug konnte mittels 9.Dh5 die Initiative ergreifen und Philipp für die nächsten Züge mit Verteidigung beschäftigen.

In den folgenden Zügen gelang es Philipp den Schwung des Nürnberger zu bremsen, allerdings nur auf Kosten der Zerstörung seiner zentralen Bauernstruktur. Zusammen mit dem besseren Läufer konnte der Weiße einen kleinen aber dauerhaften Vorteil verbuchen:

Brett 4: Das Endspiel war für Philipp sicher haltbar, doch den Spaß hatte nur der Gegner.

Es folgten fast 40 Züge des Manövrierens, in denen der Nürnberger versuchte die Verteidigung zu überwinden, doch Philipp gab sich keine Blöße und hielt das Gleichgewicht. Bei bereits gewonnenem Mannschaftskampf willigte der Heimspieler nach fast fünf Stunden schließlich ins leistungsgerechte Remis ein. (2½-5½)

Ein Sprichwort besagt, dass das 2. Jahr nach einem Aufstieg das schwerste ist. In diesem Kampf bekamen wir einen Vorgeschmack darauf, was uns in der laufenden Saison erwarten wird. Zwar fiel die Niederlage etwas zu hoch aus, doch mit nur einem halben Punkt aus vier Weiß-Partien, war schwerlich ein anderes Ergebnis zu erwarten. Nichtsdestotrotz gibt es noch keinen Grund, den Kopf hängen zu lassen. Mit unserer mannschaftlichen Geschlossenheit sind wir absolut in der Lage die kommenden Herausforderungen zu meistern.

Am kommenden Wochenende erwarten wir zur Heimspielpremiere den SV Würzburg. Ein nicht minder schwerer Gegner, aber Bangemachen gilt nicht. Neues Spiel, neues Glück!

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