1. Mannschaft holt Auswärtspunkt

Am 3. Spieltag der Landesliga ging es zum Auswärtsspiel bei der 2. Mannschaft des SC Noris-Tarrasch Nürnberg. Der Gastgeber hatte in den ersten beiden Runden jeweils den Kürzeren gezogen und lag auf einem wahrscheinlichen Abstiegsplatz, was für einigen Druck und Brisanz der Begegnung sorgte. In einem spannenden Kampf mit vielen vertanen Chancen auf beiden Seiten trennte man sich letztlich schiedlich friedlich mit 4-4.

An Brett 3 (W) duellierte sich Christian Müller mit seinem jungen Gegner in der Caro-Kann Vorstoß-Variante. Verunsichert durch die aggressive Spielweise von Christian verlor der Nürnberger schon früh die Übersicht und geriet in Nachteil:

Brett 3: In kritischer Stellung setzte Christian voll auf Offensive und spielte furchtlos 11.Lb5! Nach 11…Dxe5+ 12.Le3 Sge7 13.0-0 waren die weißen Streitkräfte mobilisiert und der Nachziehende mit seinem noch immer in der Brettmitte feststeckenden König schwer unter Druck.

Prompt griff sein Gegner bereits im nächsten Zug schwer daneben, verlor eine Qualität und stand klar auf Verlust. Seine verzweifelten Versuche, die Stellung zu verkomplizieren, scheiterten an der Realität seiner unterentwickelten Figuren:

Brett 3: Der Versuch mit 21…d4 im Trüben zu fischen, wurde von Christian leicht gekontert. Nach 22.Dxb5 Dxb5 23.Sxb5 war weiterer Widerstand aufgrund der untätigen Figuren auf der Grundreihe zwecklos.

Christian ließ nichts mehr anbrennen und zwang seinen Gegner im 29. Zug zur Aufgabe. (1-0)

An Brett 6 (S) wählte Milo Müller die Sizilianische Verteidigung und beantwortete die populäre Alapin-Variante mit dem Fianchetto seines Königsläufers. Als Weiß auf c5 nahm, entstand die erste kritische Stellung:

Brett 6: Nach dem einfachen 5…Dxc5 wäre die Stellung ausgeglichen gewesen, doch Milo hatte nach dem Damentausch auf eine Initiative gegen den gegnerischen König gehofft, dabei aber die Schwierigkeiten unterschätzt, den Bauern c5 zurück zu gewinnen.

Je länger der Bauer auf dem Brett blieb, desto schwerer wurde der Kampf um Ausgleich. Doch gerade als der Nürnberger die Möglichkeit hatte, seinen Vorteil zu stabilisieren, griff er fehl und gab Milo die Chance zurück in die Partie zu kommen:

Brett 6: Mit 10.Kc2 konnte sich Weiß klaren Vorteil sichern, wählte aber 10.Ke2?, wonach Milo mittels 10…Sf6 wegen des ungünstig platzierten weißen Königs das Gleichgewicht wieder hätte herstellen können. Doch auch er zog zuerst suboptimal 10…Lg4? und nach 11.h3 schlecht Lxf3+? und fand sich in einer Verluststellung wieder.

Der Nürnberger übernahm nun zusätzlich zu seinem Mehrbauern auch noch die Initiative, was den Windischeschenbacher dazu veranlasste, die Brechstange auszupacken und sein Heil in Verwicklungen zu suchen. Doch leider waren seine Figuren nicht gut genug aufgestellt, um tatsächlich ernsthaftes Gegenspiel zu erlangen. Das angebotene Scheinopfer wurde vom Heimspieler schlicht ignoriert, wonach die schwarzen Probleme weiterhin Bestand hatten. Ein anschließender Fehler kostete Milo schließlich weiteres Material und damit die Partie. (1-1)

An Brett 8 (S) landete Jindrich Novak nach verhaltener Eröffnung seines Gegners in der Altindischen Verteidigung, die ihm nach seinem Zentrumsvorstoß e4 gute Aussichten versprach. Die Position erinnerte an die Vorstoß-Variante der Französischen Verteidigung mit vertauschten Farben:

Brett 8: Mit 11…Ld6 oder 11…Sf8 hätte Jindrich sein Augenmerk auf den Königsflügel richten sollen, doch er entschied sich für 11…Sb6, um sich dem weißen Aufmarsch am Damenflügel entgegen zu stemmen.

Da auch sein Gegner nicht konsequent spielte, behielt der Windischeschenbacher einen kleinen Vorteil, den er jedoch nicht festzuhalten vermochte. Ungenauigkeiten auf beiden Seiten liessen die Partie hin und her wogen bis Jindrich schließlich völlig den Faden verlor:

Brett 8: In schwieriger Position bot 25…Lxh2 noch die besten Remischancen, doch Jindrich zog im Bestreben, die Stellung zu vereinfachen 25…Lf4?? und übersah dabei einen taktischen Einschlag.

Der Nürnberger ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen und wickelte mit 26.Txe6! Lxd2 27.Txf6! Lxc3 28.Txf7 in eine klare Gewinnstellung ab, wonach Jindrich drei Züge später das Handtuch werfen musste. (1-2)

An Brett 4 (S) hatte Philipp Mark in der Russischen Verteidigung von Anfang an keine Probleme und erreichte schon früh vollen Ausgleich. In einem weitestgehend ereignislosen Mittelspiel wurden peu à peu die meisten Figuren getauscht und ein Doppelturmendspiel mit ungleichfarbigen Läufern erreicht:

Brett 4: Mit präzisem Spiel war es Philipp gelungen jegliche weiße Versuche einen Eröffnungsvorteil zu erlangen, im Keim zu ersticken.

Angesichts fehlender Perspektiven bot der Nürnberger an dieser Stelle Remis an, was von Philipp natürlich sofort akzeptiert wurde. (1½-2½)

An Brett 7 (W) bekämpfte Jaroslav Illetsko die Französische Verteidigung seines Gegners mit der Steinitz-Variante. Beide Spieler folgten der Hauptvariante bis zum 8. Zug als sich Jaroslav für einen weniger häufig gespielten Aufbau entschied. Kurze Zeit später kam es zu einer zweifelhaften Entscheidung des Windischeschenbachers:

Brett 7: Angezeigt war 11.Sed4 mit ausgeglichener Stellung, doch Jaroslav wählte 11.Lxc5?! und musste fortan dauerhaft um Ausgleich kämpfen.

Mit Raumvorteil am Damenflügel und Läuferpaar hatte Schwarz die besseren Aussichten, lediglich halbwegs kompensiert durch den starken Springer auf d4. Der komplexe Kampf im Mittelspiel brachte keinen Sieger hervor und so gelang es Jaroslav mittels des Bauervorstoßes f5 Gegenspiel am Königsflügel zu erlangen. In mittlerweile wieder ausgeglichener Stellung unternahm er schließlich einen Gewinnversuch:

Brett 7: Mit 26.e6!? übte Jaroslav maximalen Druck auf seinen Gegner aus. Laut Computer war nun 26…f6! 27.e7 Lxe7 28.Se6 Dxa2 29.Sxf8 Kxf8 der einzig richtige Weg, um im Spiel zu bleiben.

Mit einer Qualität weniger zu spielen war dem Nürnberger wohl nicht geheuer und so wählte er 29…Lxd4? 30.exf7+Kh8 und stand nach 31.Dxd4 erneut vor der Gretchenfrage:

Brett 7: Mit 31…Td7! blieb die schwarze Stellung trotz des gefährlichen weißen Freibauern auf der f-Linie verteidigungsfähig, doch der Heimspieler ließ sich zu 31…Dxa2?? hinreißen und wurde von 32.Tg5! böse überrascht.

Da sich die Mattdrohung nur unter Turmverlust parieren ließ, musste der Nürnberger wenige Züge später konsterniert die Segel streichen. (2½-2½)

An Brett 2 (S) sah sich FM Zdenek Haba in einem geschlossenen Sizilianer schon früh mit dem Läuferausfall nach b5 konfrontiert, den er seinerseits mit dem Rösselsprung nach d4 beantwortete. Nach wenigen weiteren Zügen ergab sich ein Ungleichgewicht in Form von weißem Entwicklungsvorsprung gegen das schwarze Läuferpaar und einen zusätzlichen Bauern im Zentrum. Folgerichtig ergriff der Nürnberger die Initiative und benutzte seinen verbliebenen e-Bauern als Rammbock, um die Stellung weiter zu öffnen:

Brett 2: Nach dem Vorstoß 11.e5 und der Folge 11…dxe5 12.Dxe5 Ld7 hätte Zdenek nach 13.Dg3! mit der Drohung Se5 gehörig ins Schwitzen kommen können, doch zu seinem Glück wählte der Heimspieler 13.Td3 und er konnte sich mittels 13…Db8 aus der Drohenden Umklammerung befreien.

Der Weiße wollte den Damentausch verständlicherweise vermeiden, doch zwei Züge später übertrieb er es mit dem Rückzug:

Brett 2: Laut Computer war die Stellung nach 16.Lxf6 gxf6 17.Sd4 ausgeglichen, doch der Nürnberger wählte 16.Tdd1? und stand nach 16…0-0! völlig überraschend glatt auf Verlust, da Schwarz plötzlich einen unwiderstehlichen Angriff gegen die weiße Rochadestellung bekommt.

Der Tausch der Bauern b5 gegen a2 öffnete die Schleusen für die schwarzen Schwerfiguren und markierte für Zdenek den Beginn einer Treibjagd bis zum bitteren Ende. Sein Gegner wehrte sich verzweifelt, doch seine unsichere Königsstellung machte eine erfolgreiche Verteidigung unmöglich. Im 33. Zug, das undeckbare Matt vor Augen, warf er schließlich das Handtuch. (3½-2½)

An Brett 5 (W) spielte Stephan Schmahl gegen die Französische Verteidigung die friedfertige Abtausch-Variante. Doch was so harmlos begann, entwickelte sich überraschend schnell zu einem scharfen Kampf auf Biegen und Brechen mit entgegengesetzten Rochaden:

Brett 5: In dieser halsbrecherischen Stellung konnte Stephan mit 11.Lxd6 Dxd6 12.h5 das Gleichgewicht wahren, doch es folgte 12.Ld3 b4, wonach der Computer Schwarz bereits die besseren Chancen einräumt.

Da die Stellung höchst zweischneidig blieb, war es kein Wunder, dass beide Kontrahenten nicht immer die besten Züge fanden und die Enginebewertung mehrfach die Seiten wechselte. Nachdem sich der Rauch nach Abtausch aller Läufer etwas verzogen hatte, waren die Chancen wieder ausgeglichen bis dem Nürnberger ein ernster Fehler unterlief, der wenige Züge später zu einer Gewinnstellung für Stephan führte. Als er jedoch nicht den klarsten Weg fand, verflüchtigte sich sein Vorteil wieder bis er schließlich in Zeitnot vollends den Faden verlor:

Brett 5: Mit 27.Ka1! war das Gleichgewicht zu halten, nicht jedoch mit Stephans Zug 27.Dc3??, der den schwarzen Angriff in der b-Linie übermächtig werden ließ.

Der Windischeschenbacher konnte nur noch im Trüben fischen und warf seine Zentralbauern nach vorn in der wagen Hoffnung dem schwarzen König zu Laibe zu rücken. Und seine Verzweiflungstat wäre um ein Haar von Erfolg gekrönt gewesen, als sich sein Gegner von den weißen Scheindrohungen tatsächlich ins Bockshorn jagen ließ:

Brett 5: Statt sofort auf b2 zu schlagen, zog der Nürnberger 31…Df6??, um seine Dame aus der vermeintlichen Gefahrenzone zu bringen und den Druck gegen b2 weiter zu erhöhen. Doch dies gestattete Stephan eine nahezu forcierte Abwicklung zum Remis.

Nach 32.exf7+ Kxf7 33.fxg6+ hxg6 34.Tee2 war der Schwachpunkt b2 ausreichend gedeckt:

Brett 5: Richtig war nun der Generalabtausch auf b2: 34…Sxb2 35.Txb2 Txb2+ 36.Txb2 Txb2+ 37.Dxb2 Dxf4 38.Dg7+ Ke6 39.Dxg6+ Df6 40.Dxf6+ Kxf6 41.g5+ Kg6 mit Remis. Schwarz spielte aber 34…Sxa3+?? und stand nach 35.Ka2 plötzlich selbst auf Verlust!

Doch wie so häufig sorgte die inzwischen beidseitige Zeitnot für ein unvorhersehbares und dramatisches Ende. Nach 35…Sc4 36.Tef2 a3 lag der Sieg zum Greifen nah:

Brett 5: Mit 37.Sd3! konnte Stephan nicht nur den kritischen Punkt b2 zum fünften Mal überdecken, sondern obendrein auch noch die schwarze Dame fangen. Die Pointe ist 37…Txb2+ 38.Sxb2 Txb2+ 39.Dxb2! und nach dem indirekten Damentausch macht der freie h-Bauer das Rennen! Doch von Schachblindheit geschlagen blitzte der Windischeschenbacher 37.Sxd5?? aufs Brett, was den Sieg verschenkt, aber eigentlich nicht den zum Mannschaftssieg erforderlichen halben Punkt.

Doch ein Unglück kommt selten allein und so nahm das Unheil seinen Lauf:

Brett 5: Mit 38.Ka1 oder 38.Dxb2! war das wertvolle Remis zu retten, doch mit dem reflexartigen 38.Txb2?? stellte Stephan die Partie endgültig ein. Nach 38…axb2 hängt nun auch die eigene Dame, so dass der Sd5 ohne Kompensation verloren geht.

Geschockt vom Lauf der Dinge und seinen eigenen Fehlern spielte Stephan noch ein paar Züge weiter, ließ sich matt setzten und avancierte so zur tragischen Figur des Wettkampfs. (3½-3½)

An Brett 1 (W) eröffnete Tobias Brunner wie üblich mit einem geschlossenen Sizilianer. Die Partie verlief bis zum 12. Zug in bekannten Bahnen, bis Tobias zu optimistisch zu Werke ging:

Brett 1: Mit dem logischen 13.d4 war die Stellung im Gleichgewicht zu halten, doch Tobias entschied sich für das aggressivere 13.e5? und hatte damit deutlich überzogen.

Sein Gegner fand zwar nicht die optimale Fortsetzung, konnte sich aber nach dem Damentausch einen dauerhaften Vorteil im Endspiel sichern. Nach einiger Zeit des Lavierens, versuchte der Windischeschenbacher Druck gegen den rückständigen schwarzen e-Bauern aufzubauen:

Brett 1: Mit seinem letzten Zug 24.Tc6 attackierte Tobias den schwachen Punkt e6, den der Schwarze mittels 24…Td6? automatisch deckte. Durch den folgenden Abtausch verlor er jedoch die wichtige Kontrolle über die d-Linie und damit seinen gesamten Vorteil. Viel besser war 24…Tbd7!, um durch einen Gegenangriff eben diese Kontrolle noch zu verstärken. Nach dem erzwungenen 25.Se3 Sxe3 26.Lxe3 Lxb2 hätte die Damenflügelmajorität dem Nürnberger klaren Vorteil und gute Gewinnaussichten verschafft.

Nach dieser für uns glücklichen Abwicklung sollte die Partie bis zur Zeitkontrolle die Remisbreite nicht mehr verlassen. Beide Kontrahenten spielten noch ein paar Züge weiter, bevor sie sich in Anbetracht des Wetkampfstandes und der völlig ausgeglichenen Stellung auf Remis einigten. (4-4)

Mit diesem Mannschaftspunkt liegen wir mit einem ausgeglichenen Punktekonto weiterhin im Mittelfeld der Tabelle. Ein Zwischenergebnis, das den Erwartungen entspricht und identisch zur Vorsaison ausfällt.

Die 4. Runde, zu der wir erneut auswärts beim klar favorisierten SC Erlangen antreten müssen, wird richtungsweisend für den Rest der Saison sein. Können wir uns weiterhin im Mittelfeld halten oder wird das Abstiegsgespenst auch bei uns umgehen?

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