Am 4. Spieltag der Landesliga mussten wir zur 2. Mannschaft des SC Erlangen reisen. In Bestbesetzung wollten wir den favorisierten Mittelfranken unbedingt einen Kampf auf Augenhöhe liefern, um so vielleicht das Kunststück eines Unentschiedens vom Vorjahr zu wiederholen. Nach hartem Fight mussten wir uns aber schließlich verdient mit 3-5 geschlagen geben.
An Brett 2 (S) landete FM Zdenek Haba nach Zugumstellung in einer Art Pirc-Verteidigung, die Ähnlichkeiten mit der Benoni-Verteidigung aufwies. Der Computer gibt wie üblich in dieser Art von Stellung dem Weißen aufgrund des Raumvorteils im Zentrum einen klaren Vorteil:
Ungeachtet dieser Überlegungen schienen beide Kontrahenten an diesem Morgen nicht in der Stimmung für einen langen Kampf zu sein und einigten sich an dieser Stelle auf Remis. Ein guter Start für uns. (½-½)
An Brett 3 (W) wählte Christian Müller gegen die Sizilianische Verteidigung seines Gegners die Alapin-Variante. Beide Spieler zeigten sich vertraut mit den Stellungsmotiven und spulten ihr Theoriewissen souverän ab. Erst im 15. Zug wich Christian von bekannten Pfaden ab:
Nach 15…cxd3 16.Lxd3 0-0-0! sieht der Computer Schwarz leicht im Vorteil. Da aber kaum ein Mensch in dieser Stellung lang rochieren würde, wählte der Heimspieler 16…e6 und nach 17.Lxf8 Kxf8 18.Lf1 Kg7 reichte man sich zur Besiegelung des Unentschiedens die Hände. (1-1)
An Brett 8 (S) kam Jindrich Novak mit seiner Philidor-Verteidigung schlecht aus der Eröffnung. Sein junger Gegner schloss erst vorteilhaft das Zentrum und initiierte dann einen Flügelangriff, indem er seinen h-Bauern vorpreschte. Der Versuch sich durch Damentausch zu entlasten, wurde zum Boomerang:
Der Zeitverlust brachte den Windischeschenbacher weiter in die Bredouille, doch vorerst konnte er die Stellung geschlossen und seinen Nachteil damit in erträglichen Grenzen halten. Als es ihm sogar gelang, Gegenspiel am Damenflügel zu organisieren, schien ein Remis wieder in Reichweite zu kommen, doch dann unterlief ihm leider der vorentscheidende Fehler:
Nun vollends in die Defensive gedrängt, fand Jindrich gegen den kommenden Zentrumsdurchbruch keinen Gegenmittel mehr:
Vor die unschöne Wahl gestellt matt oder Turmverlust strich Jindrich die Segel. (1-2)
An Brett 4 (S) wurde Philipp Mark mit dem Londoner System konfrontiert, in dem er durch einfallsreiches Spiel schnell Ausgleich erreichte:
Der Erlanger spielte ruhig und kontrolliert und setzte Philipp zunehmend unter Druck. Je mehr Figuren das Brett verließen, desto unangenehmer wurde die Verteidigung gegen das weiße Spiel auf beiden Flügeln:
Der Weiße drang mit seinem Turm ein, gewann den Bauern f5 und wickelte schließlich in ein reines Läufer-Springer-Endspiel ab, in dem auch noch der Bauer e3 fiel, wonach Philipps Niederlage besiegelt war. (1-3)
An Brett 7 (W) begegnete Jaroslav Iletsko der Sizilianischen Najdorf-Variante mit einem seltenen Abspiel, das ihm objektiv nicht viel versprach, aber nach einer Ungenauigkeit des Schwarzen einen leichten Vorteil einbrachte:
Die Stellung blieb kompliziert mit beidseitig vielen Möglichkeiten, aber immer etwas besser für Weiß. Im 20. Zug verflüchtigte sich der Vorteil, weil der Windischeschenbacher beim Schlagen den falschen Bauern erwischte:
Auf der nun einzigen offenen Linie wurden die Türme getauscht und als eigentlich alles auf ein leistungsgerechtes Remis hindeutete, unterlief dem Erlanger ein krasser Fauxpas:
Jaroslav nahm das Angebot gerne an, spielte 33.Lh6 und erzwang wegen des undeckbaren Matts die sofortige Aufgabe. (2-3)
An Brett 1 (W) spielte Tobias Brunner einen eigentlich eher ruhigen geschlossenen Sizilianer, der noch vor Beendigung der Figurenentwicklung zu einem wilden Scharmützel mutierte. Beide Spieler gingen mit offenem Visier und ohne Rücksicht auf altbackene Prinzipien aufeinander los, verloren im Handgemenge aber mitunter die Übersicht:
Der Erlanger griff notgedrungen zu und wühlte sich mit seinem König durch die Komplikationen. Die Stellung blieb zwar weiterhin chaotisch, doch immer mit einem laut Engine gewinnverheissenden Vorteil für Schwarz. Aber Menschen sind keine Computer und so gelang es dem Heimspieler nicht, den Sack frühzeitig zuzumachen. Auf dem Weg zur Zeitkontrolle häuften sich auf beiden Seiten kleine und größere Fehler, die die Computerbewertung wie ein Jo-Jo auf- und abhüpfen ließ. Im 37. Zug schließlich hatte sich die Waage wieder komplett eingependelt:
Gewinnversuche waren für Tobias nicht möglich und für seinen Gegner angesichts des Matchstandes nicht nötig und so einigte man sich wenige Züge später auf Remis. Eine verwirrende Partie mit einem glücklichen Ende für uns. (2½-3½)
An Brett 6 (S) verteidigte sich Milo Müller gegen den Aufzug des Damenbauern Slawisch, fand aber nicht den roten Faden zum Ausgleich:
Der löchrige Damenflügel in Kombination mit Entwicklungsrückstand machte die Verteidigung zu einer Sisyphos-Aufgabe, die nur schwer zu bewältigen war:
Der Erlanger lavierte geduldig, öffnete eine zweite Front am Königsflügel und konnte schließlich mit dem Gewinn des Bauern h7 einen greifbaren Vorteil einheimsen. Wenige Züge später fand sich auch der Dosenöffner, um an den schwarzen Monarchen heranzukommen:
Zum Materialnachteil gesellte sich nun auch noch eine unsicher Königsstellung, so dass der Rest der Geschichte schnell erzählt ist. Trotz tapferer Gegenwehr war keine Rettung mehr in Sicht und Milo gab die Partie im 53. Zug auf. (2½-4½)
An Brett 5 (W) beantwortete Stephan Schmahl den hyperbeschleunigten sizilianischen Drachen mit einem schnellen Bauernvorstoß im Zentrum. Scheinbar überrascht griff sein junger Gegner sofort fehl und landete in einer Verluststellung:
Wenige Züge später war es eigentlich bereits um den Schwarzen geschehen:
Nach 13…Se5 14.Se5 Dxe5 fehlte nur noch ein letzter guter Zug, um eine Kurzpartie zu gewinnen:
Stephan ging leider an seinem Glück vorbei und wählte 15.Lxh6, was immer noch gut genug war, um die Partie heimbringen zu können, hatte damit aber eine tolle Gelegenheit und einen potentiell schnellen Gewinn verpasst, der den Mannschaftskameraden mit Sicherheit großen Auftrieb gegeben hätte. Die im 15. Zug begonnene Abwicklung gewann zumindest einen Bauern und nach einem Fehler des Erlangers sogar einen zweiten:
Leider befand sich der Windischeschenbacher schon in diesem frühen Stadium in Zeitnot, was zu vielen kleinen Ungenauigkeiten führte. Völlig ohne Not ließ er sich Zug um Zug in die Verteidigung drängen, was die Gewinnführung maximal erschwerte und das Nervenkostüm ungemein belastete. Nach endlich überstandener Zeitnot gab es dann auch nur noch einen Gewinnzug:
Erschöpft von der Zeitnotschlacht und bitter enttäuscht und frustriert von den vergebenen Chancen, willigte Stephan schließlich in ein Remis durch Zugwiederholung ein. (3-5)
Nach dieser Niederlage haben sich die Vorzeichen für uns geändert. Mit 3-5 Punkten liegen wir nur noch einen Punkt vor den Abstiegsplätzen und müssen in den kommenden Begegnungen unbedingt etwas Zählbares erreichen, um nicht in den berühmt-berüchtigten Abwärtsstrudel zu geraten.
Das Liga-Orakel sieht uns dementsprechend aktuell als 4. Abstiegsfavoriten an, mit einer Wahrscheinlichkeit von 39 %. Es liegt an uns diesen Wert zeitnah zu reduzieren.
Gelegenheit dafür erhalten wir am 12. Januar beim Heimspiel gegen das Tabellenschlusslicht aus Altensittenbach. Aufgrund der Tabellenkonstellation kommt dieser Begegnung vorentscheidende Bedeutung zu. Ein Sieg wäre Gold wert und so werden wir den Kampf auch angehen!