1. Mannschaft gelingt Coup gegen Spitzenreiter Bavaria Regensburg

Am vergangenen Sonntag kam es im Feuerwehrhaus zum mit Hochspannung erwarteten Spitzenduell mit dem noch verlustpunktfreien Tabellenführer SC Bavaria Regensburg.

Während wir in Bestaufstellung antreten konnten, mussten die Hauptstädter auf einige Spieler verzichten, die sich entweder krank gemeldet oder aufgrund der Doppelbelastung mit der 2. Bundesliga dort inzwischen festgespielt hatten. Nichtsdestotrotz waren die Gäste allemal konkurrenzfähig, was sich auch in der nur geringfügig schlechteren durchschnittlichen Wertungszahl widerspiegelte.

Es entwickelte sich ein lange Zeit ausgeglichener Kampf, in dem wir zwar 0-2 in Rückstand gerieten, diesen jedoch postwendend in eine 3-2 Führung verwandeln konnten. Die Entscheidung brachten schließlich die letzten drei noch laufenden Partien, von denen zwei sehr günstig für uns aussahen und am Ende auch tatsächlich gewonnen werden konnten.

An Brett 6 (W) wählte Jindrich Novak die Abtausch-Variante gegen die Slawische Verteidigung, ging aber in der Folge erst zu zögerlich, dann zu optimistisch zu Werke und hätte sich schon im frühen Mittelspiel nicht über einen klaren Nachteil beschweren können. Sein junger Gegner entschied sich jedoch zu einer ruhigeren Vorgehensweise, die ihm allerdings ebenfalls die besseren Aussichten versprach. Nachdem der Regensburger zwei weitere Male den richtigen und klar vorteilhaften Abtausch verpasste, hätte Jindrich wieder eine ausgeglichene Stellung erreichen können, griff jedoch entscheidend fehl, verlor einen Bauern und landete in einem hoffnungslosen Endspiel in dem der gegnerische Freibauer letztlich den Tag entschied. (0-1)

An Brett 2 (W) behandelte Tobias Brunner die italienische Eröffnung eher zahm und ambitionslos, erreichte aber nichtsdestotrotz nach 12 Zügen eine ausgeglichene Stellung. Nach Abschluss der Figurenentwicklung entschied er sich jedoch fataler Weise für die lange Rochade und wurde umgehend vom Regensburger am Damenflügel attackiert. Der schnell vorgetragene schwarze Bauernsturm brachte Tobias schwer in Bedrängnis und solchermaßen unter Druck fand er keine befriedigende Verteidigung mehr. Sein Gegner öffnete mittels Bauernhebel Linien gegen den weißen König und drang entscheidend in die Stellung ein. Nach schwerem Materialverlust musste der Windischeschenbacher den aussichtslosen Kampf schließlich aufgeben. (0-2)

An Brett 7 (S) entschied sich Jaroslav Illetsko für die sogenannte Moderne Verteidigung in der er der frühen Zentrumsüberlegenheit seines Gegners mit sofortigen Bauernhebeln von der Flanke begegnete. Zum Ausgleich genügte dies jedoch nicht und schon im 9. Zug hätte der Regensburger klaren Vorteil erreichen können. Zu dessen Leidwesen wählte er jedoch eine ungünstige Figurenaufstellung und so konnte Jaroslav seine Stellung stabilisieren. Im Mittelspiel unterlief dem Gast dann ein Fehler, der das Schlachtenglück wendete. Doch auch der Windischeschenbacher nutzte seine plötzlich vorhandenen Chancen nicht optimal und entschied sich schließlich zu einem spekulativen Figurenopfer, um diese Ablenkung zu einem direkten Angriff gegen den weißen König zu nutzen. Der Plan schien aufzugehen, wäre da nicht eine fantastische Rettung in Form eines (Schein-)Damenopfers möglich gewesen, welches zu einem haltbaren Turmendspiel und wahrscheinlichem Remis geführt hätte:

Unter Zeitdruck verpasste der Regensburger diesen letzten Strohhalm und musste sich schließlich kurz vor dem Matt geschlagen geben. (1-2)

An Brett 5 (S) eröffnete Stephan Schmahl mit der Französischen Verteidigung und bekämpfte die Vorstoßvariante seines Gegner mit einem strategischen Läufertauschangebot, das ihm gute Chancen auf Ausgleich bieten sollte. Der Regensburger hatte jedoch andere Pläne und wich dem Tausch aus, obwohl dies bedeutete, dass die Rochade für ihn bis auf weiteres unmöglich sein würde. Die anschließenden Züge waren geprägt von zögerlicher Entwicklung und beidseitiger Abwartetaktik am Damenflügel bis sich der Weißspieler völlig überraschend zu einem riskanten Bauernvorstoß am Königsflügel hinreissen ließ. Stephan konterte folgerichtig durch einen Angriff im Zentrum, wodurch seine Figuren plötzlich zum Leben erwachten und dem immer noch in der Brettmitte festhängenden gegnerischen König zu Leibe rückten. Zwar verpasste der Windischeschenbacher mehrere Möglichkeiten, die Partie sofort zu beenden, doch letztlich fand er eine elegante Abwicklung in ein klar gewonnenes Turmendspiel, das er sicher verwertete. (2-2)

An Brett 1 (S) wählte FM Zdenek Haba gegen die Königsbauereröffnung seiner Gegnerin ebenfalls die Moderne Verteidigung, allerdings mit einem strategisch völlig anderen Ansatz. Sein Spiel war geprägt von verhaltenem Spiel im Zentrum und dem Doppelfianchetto seiner Läufer. Die Regensburgerin zeigte sich davon unbeeindruckt und erarbeite sich durch gradlinige Entwicklung einen kleinen, aber dauerhaften Vorteil. Eingangs des Mittelspiels agierte sie dann etwas zu zögerlich, so dass Zdenek die Stellung wieder hätte ausgleichen können. Doch leider unterlief ihm ein taktischer Fehler, der einen Bauern kostete und ihn an den Rand der Niederlage brachte. Nur der aufkommenden Zeitnot und daraus folgender Ungenauigkeiten seiner Gegnerin hatte er es zu verdanken, dass er noch einmal den Kopf aus der Schlinge ziehen konnte. Als der Regensburgerin schließlich auch noch ein grober Fehler unterlief, wendete sich das Blatt vollkommen. Aus dem Minusbauern wurde ein Plusbauer und eine glatte Gewinnstellung für den Windischeschenbacher. Wenige Züge später überschritt die Gastspielerin die Zeit und musste eine sehr unglückliche Niederlage quittieren. (3-2)

An Brett 4 (W) duellierte sich Philipp Mark mit seinem Gegner in der bekannten und weit ausanalysierten Mar del Plata-Variante der Königsindischen Verteidigung. Wie üblich agierte der Weiße vornehmlich am Damenflügel während Schwarz auf seine Chance zu einem Gegenangriff am Königsflügel lauerte. Philipp machte schneller Fortschritte und konnte den Regensburger in die Defensive drängen und regelrecht einschnüren. Im 21. Zug hätte der Windischeschenbacher durch einen taktischen Schlag eine strategische Gewinnstellung herbeiführen können, entschied sich jedoch leider für eine weniger vorteilhafte Fortsetzung, die ihm aber immer noch die klar besseren Aussichten versprach. Erst als er drei Züge später unbedingt einen bedeutungslosen Bauern gewinnen wollte statt seinen Springer aggressiv im Feindesland zu platzieren, ging sein schöner Vorteil verloren. Der Gegner konnte seine Figuren aktivieren und in ein ungleichfarbiges Läuferendspiel abwickeln, in dem der weiße Mehrbauer keine Rolle spielte. Nach einem Geplänkel über weitere 30 Züge wurde schließlich das unvermeidliche Remis unterschrieben. (3½-2½)

An Brett 3 (S) setzte Christian Müller gegen die Jobava-Variante des Londoner Systems auf einen frühen Bauerntausch im Zentrum und erreichte nach Abschluss der Figurenentwicklung eine ausgeglichene Stellung. Auch im Mittelspiel hielten sich die Chancen lange Zeit die Waage, doch dann unterlief Christian eine Unachtsamkeit, die seinem Gegner ein äußerst chancenreiches Figurenopfer für zwei Bauern und Königsangriff erlaubt hätte. Zu unserem Glück übersah der Regensburger diese Möglichkeit oder konnte die schwierigen Varianten bei tickender Uhr nicht abschließend berechnen und beurteilen. So blieb der Windischeschenbacher im Spiel und konnte seine Verteidigung wieder organisieren. Angesichts des sich zuspitzenden Mannschaftskampfes versuchte der Gastspieler wenig später ein Qualitätsopfer im Tausch gegen die Kontrolle der schwarzen Felder, was sich jedoch als untauglich erweisen sollte. Christian gelang es den gegnerischen Läufer zu blockieren und durch Rückgabe der Qualität die weißen Bauernschwächen am Damenflügel aufs Korn zu nehmen. Nach Erreichen der Zeitkontrolle kristallisierte sich ein für ihn klar vorteilhaftes Endspiel heraus, das er nach Forcierung des Damentauschs souverän zum Sieg führte. (4½-2½)

An Brett 8 (W) schlug Miroslav Kalous das Angebot gegen die Königsindische Verteidigung zu spielen aus und entschied sich stattdessen dazu seinen c-Bauern zurückzuhalten und mittels Doppelfianchetto mehr positionellen Bahnen zu folgen. Nach weitestgehend normaler Entwicklung ergab sich für Miroslav die Möglichkeit zur Herbeiführung eines interessanten Ungleichgewichts von Turm + zwei Bauern gegen zwei Springer, doch auch er übersah diese Fortsetzung oder konnte die Konsequenzen am Brett nicht zufriedenstellend beurteilen. So blieb das Mittelspiel völlig ausgeglichen und auch im nach zahlreichem Figurentausch entstandenen Turm-Springer-Endspiel hatte der Windischeschenbacher bestenfalls einen symbolischen Vorteil aufgrund seiner etwas aktiveren Figuren. Kurz vor der Zeitkontrolle unterlief dem Regensburger erst ein kleiner, dann ein grober Fehler, der zum sofortigen Verlust hätte führen können, die jedoch beide ungeahndet blieben. In beidseitiger Zeitnot häuften sich die Fehler und mal stand Miroslav glatt auf Gewinn und mal war die Stellung wieder völlig ausgeglichen. Schließlich kam es wie es kommen musste und wie weiland einst von Dr. Tartakower so eloquent formuliert: „Der vorletzte Fehler gewinnt!“. Im 53. Zug warf der Windischeschenbacher den Gewinn einzügig weg, nur um ihn postwendend wieder auf dem Silbertablett serviert zu bekommen. Und diesmal griff er zu und zwang seinen Gegner zur sofortigen Aufgabe. (5½-2½)

Maßgeblichen Anteil am Erfolg an diesem Tag hatten unsere Schwarzbretter, die alle vier Partien gewinnen konnten! Eine Quote die es wahrlich nicht alle Tage gibt! Und apropos vier Siege. Jaroslav steht nun mit seinen 81 Lenzen bei 4 aus 4, eine sagenhafte Leistung in seinem Alter! Gratulation!

Nach diesem etwas glücklichen und in der Höhe völlig unerwarteten Sieg und dem gleichzeitigen 4-4 der fränkischen Titelkonkurrenten aus Fürth und Forchheim konnte sich die Mannschaft auf den 2. Platz vorarbeiten und liegt nun nur noch zwei Brettpunkte hinter dem weiterhin in Führung liegendem Spitzenreiter aus Regensburg.

In zwei Wochen reisen wir zum letzten Auswärtsspiel der Saison zum aktuellen Tabellenvorletzten nach Postbauer-Heng. Die Gastgeber befinden sich in akuter Abstiegsgefahr und stehen aufgrund ihrer geringen Brettpunktausbeute mit dem Rücken zur Wand. Insofern wird dieser Kampf sicher kein Selbstläufer und erfordert von unserer Seite höchste Konzentration, um die Chance auf den Meistertitel nicht vorzeitig zu verspielen. Die Spannung nähert sich dem Siedepunkt, packen wir’s an!

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